Von Michael Boß, Rostock
Vorlauf: „Schau mal Bernd, dort wollte ich schon immer hinfahren. Kennst Du die Leute, die das machen? Sind die zu abgehoben für mich?“
So fragte ich B. Ebener am Rande eines ganz anderen Seminars, einige Wochen vorher. Dort lagen Infoblätter aus, auf denen u. a. für den Alpirsbacher Advent geworben wurde.
„Du kommst, schau mal unten auf die Anmeldedaten! Bring deine Familie mit. Es kommt auch eine Referentin, die für Euch interessant ist, die auch ihre Kinder mitbringt.“ So oder ähnlich antwortete Bernd und wir waren angemeldet. Nach wenigen Erfahrungen bei Bene-diktinern in Münsterschwarzach, vor Jahren …
Benz: auf nach Usedom. Gerade zu Ostern waren wir dort. Eher zufällig. Sind der neuen Kirchenglocke vom Ortseingang bis zur Kirche mit Musik, Kinderchor und vielen Menschen gefolgt. Gottesdienst in einer vollen Dorfkirche – das kannte ich nur vom Heiligen Abend. Dann den langen Spazierweg zur Mühle, hatten hier nicht meine Kinder etwas gierig nach den Osterüberraschungen für die Gemeindekinder gesucht und mehr gefunden, als sie je essen können?
Benz war gemütlich, schöne Atmosphäre: hier ist gut zu leben. Ein Dorf mit Kirche, Schule, Kindergarten.
Auf also wiederum! Erster Advent 2008. Es ist kalt. Wird es frieren? Wir kommen an und bekommen das Appartement, was eigentlich für die Familie der Referentin reserviert war. Deren Kinder jedoch waren erkrankt, so daß leider am Tag vorher ihre Absage kam. (Es ging um die Journalistin und Autorin Tanja Busse und ihr Buch „Die Einkaufsrevolution. Konsumenten entdecken ihre Macht“.)
Noch ist nicht die Zeit, sich zu überlegen, was hier passieren wird, noch müssen Fragen geklärt werden wie: Was ist Gregorianik?, Was ist Konsum? Und: Wo müssen wir lang, nee, hier waren wir noch nicht, ich schon …
Kommen unsere Kinder mit in die Kirche? Das ist Konsum, wenn wir fünf Kirchgänge an einem Tag haben werden!? Alle sind gespannt. Vorstellungsrunde später. Nein, ich will mich ausruhen. Doch jetzt wird gearbeitet. Einsingen, Kanon, … Rechts eine zu laute Stimme. Gegenüber eine ganz schöne. Was mache ich hier. Begriffen habe ich es noch nicht. Wird mir das Arbeitsmaterial helfen? Hier wird etwas weggelassen, dort kommt das Stück von Seite … Bleistift. Mein Nachbar sieht durch. Gegenüber relaxt eine Frau. Meine Frage – Verstehen Sie das – beantwortet sie mit einem liebevollen JA! Und: Bis Sonntag haben Sie das auch drauf …
In der Kirche: Ruhe, Kerzenlicht. Es ist kalt. Wir gehen in den Chor. Jeder weiß was zu tun ist. Ich auch, mich an meinem Nachbarn fest. Stütze in der Stimme und in der Gemeinschaft. Hier ist Heiliger Geist. Ich komme mit, verstehe, kann mich fallen lassen.
Draußen: Das steht jemand. Der raucht?! Gehört der zu dieser Runde? Das ist doch die Stimme! Später reden wir viel, werden gemeinsam am Ostseestrand zur polnischen Grenze schauen. Meine Tochter Emma möchte von Alex getauft werden. Das ist mir zu schnell. Ich bin Mecklenburger.
Essen contra Studium: Darin habe ich gerade gehört, wir sind verantwortlich für unseren Konsum, für das was wir kauften, essen, trinken. Die Pflastersteine auf meinem Gehweg machen Kinderhände und Kinderrücken in Indien kaputt. Massentierhaltung verseucht meine geliebte Landschaft. Liebevoll bereitetes Essen, es freut mich. Ich lasse mich verwöhnen, genieße. Und doch bleiben mir Bissen im Halse stecken. Wir tragen Verantwortung, für unseren Verbrauch. Wir haben Macht als Verbraucher, haben sie gerade entdeckt und können uns quer stellen. Doch nicht jetzt und heute. Es ist so schön hier, ruhig, gemütlich! Frau Görne aus Dresden hat wieder gekocht – mehr muß man dazu nicht mehr sagen, außer DANKE! (Anm: die sehr kurzfristige Absage der Referentin nutzten wir in der Gruppe, um dennoch das vorgesehene Thema zu besprechen. Zwei Teilnehmende hatten das Buch im Vorfeld gelesen, stellten es der Gruppe vor und leiteten die Diskussion. Schade war es freilich trotzdem, daß Tanja Busse nicht selbst unter uns war.)
Die Kinder: Bernd sagte Wochen vor dem Seminar. Bring alle mit. Jetzt sind sie da. Sechs, acht, zehn Jahre alt. Bei fast allen Gebeten mitten unter uns. Zum Sonntagsgottesdienst, gefeiert mit der gesamten Kirchgemeinde, durfte die Älteste sogar die Epistel lesen, was in unserer Heimatgemeinde leider nur den Kirchenältesten vorbehalten ist. So war am Ende aus Verunsicherten eine gute Gemeinschaft gewachsen, für die ich sehr dankbar bin. Vielleicht wird im Advent 2009 dann Emma in Benz getauft. Auf jeden Fall wird etwas bleiben.
Ein wunderbares Wochenende liegt hinter uns und wir werden am Ball bleiben, wir werden gern wiederkommen!