Léogâne-Haiti aktuell – Ausgabe 7

Die kleine „Zeitung“ mit Informationen über Haiti und unsere Arbeit in Léogâne,

von Marie-Josée und Franz Groll
Ausgabe 7 – 01.05.2012

Liebe Haiti-Freunde,

wir möchten Ihnen kurz das Wichtigste aus unserer Mitgliederversammlung am 9. März 2012 berichten. Herr Dr. Scherer stellte in seinem Bericht zunächst die aktuelle politische Situation und den Stand unserer Projekte in Léogâne und Jérémie vor:

Politische Situation in Haiti
Als der neue Präsident (ein 52-jähriger Popsänger) in 2011 endlich sein Amt antreten konnte, musste er monatelang um die Einsetzung eines Premierministers zur Ernennung der Regierung kämpfen. Im dritten Anlauf bekam er schließlich die Zustimmung der verschiedenen, unter einander völlig zerstrittenen Parteien und Gruppierungen für einen erfahrenen Politiker, der schon wichtige Funktionen bei der UN innehatte. Dieser, auch international anerkannte und geschätzte Mann hat aber nach nur 4 Monaten Amtszeit im März diesen Jahres seine Demission wegen fehlender konstruktiver Zusammenarbeit eingereicht. Das Chaos geht also weiter. Die Not und das Elend der breiten, ständig wachsenden Bevölkerung bleibt bestehen, trotz der großen zugesagten Spendenbeträge der Völkergemeinschaft zu Gunsten Haitis, die wegen fehlender Zuständigkeiten nicht abgerufen werden.

Centre Catholique de Formation et Production à Léogâne (CCFPL)
Die anfänglichen Kommunikations- und Verständnisprobleme zwischen Pro Haiti, Caritas- international und der Erzdiözese in Port-au-Prince konnten durch intensive und konstruktive Gespräche hier in Deutschland und dann bei dem gemeinsamen Besuch der zuständigen Caritas-Funktionen und Pro Haiti vor Ort weitgehend geklärt werden. Alle Partner sind sich einig, das von Franz Groll geplante Projekt wie ursprünglich konzipiert umzusetzen. Das beinhaltet die Errichtung der Gebäude, die technische Ausstattung der Werkstätten, die Organisation des Centers und die Lehrpläne für eine duale Ausbildung in Theorie und Praxis.
Das Berichtsjahr 2011 war für Pro Haiti ein äußerst arbeitsreiches Jahr. Das zeigt schon die Anzahl von 9 Vorstandssitzungen, zusätzlich zu den vielen Schriftwechseln, E-Mail-Nachrichten und telefonischen Kontakten. Dazu kommen die umfangreichen Beschaffungsmaßnahmen für das Projekt. Alle Baumaschinen, Baugeräte und Baumaterial, hier insbesondere das in Haiti rare Bauholz, musste hier in Deutschland gekauft werden. Ebenso die Einrichtungen für die Werkstätten der Bauschlosser, Mechaniker, Kfz-Mechaniker, Installateure, Elektriker, Zimmerleute, Schreiner und Flaschner.
Die Beschaffung schließt mit ein das Sichten, was auf dem Markt angeboten wird, Art und Größe der Geräte mit Franz Groll abstimmen, Angebote einholen, Preise verhandeln, bestellen, Container beschaffen, alle Geräte und Materialien mit einem bewährten Helferteam beim Spediteur in Nagold in Container laden, die Zollkontrolle zu organisieren und den Versand und die Verschiffung zu veranlassen. All das ist mit viel Aufwand und notwendigem Sachverstand unseres Beschaffungsteams verbunden. Die Beschaffung und den Transport der fabrikneuen Maschinen undWerkzeuge wurden von der BEGECA durchgeführt, einer Organisation, die sonst hauptsächlich für Misereor die Beschaffung abwickelt.

Bisher wurden 24 Container nach Haiti gebracht, 4 sind z.Zt. noch unterwegs.

Weshalb sagen wir das? Damit Sie sich ein Bild von dem umfangreichen Arbeitspensum machen können. Das trifft auch für unseren Kassenverwalter zu. Er führte neben den Pro-Haiti-Vereinskonten auch die sehr umfangreichen Konten für das Projekt Léogâne, da alle bisherigen Projektausgaben von Pro Haiti veranlasst, gebucht und kontrolliert werden. Da das CCFPL ganz überwiegend von der Caritas-international finanziert wird, bedeutet dies, dass der Kassenverwalter die gesamten Projektkosten, ob in Deutschland oder Haiti, bezahlen und verbuchen durfte und mit allen Belegen bei Caritas abrechnen musste.

Insgesamt wurden bisher rd. 1,5 Mio € ausgegeben. Davon unter anderem:

664 T€ für Gebäude,
92 T€ für Werkzeuge,
156 T€ für Baufahrzeuge und einen PKW
72 T€ für Bauschlosser-Werkstatt,
84 T€ für Schreinerwerkstatt,
89 T€ für Elementdecken-Fertigung,
160 T€ für Beschaffung und Transport
112 T€ für Personal, deutsches und inländisches

Wahlen zum Vorstand
Um das laufende Projekt in der laufenden Verantwortung abzuschließen hat sich der bisherige Vorstand zur Widerwahl bereit gestellt und wurde von der Versammlung einstimmig wieder gewählt. Auf eigenen Wunsch ist lediglich Emmerich Müller aus dem Vorstand ausgeschieden, da er beruflich sehr stark in Anspruch genommen ist und sehr oft auf geschäftlichen Auslandsreisen ist.

 

Aktuelle Berichte

Zum Zeitpunkt unserer diesjährigen Jahreshauptversammlung war Franz Groll und seine Frau Marie-Josée zu einem kurzen Urlaub für medizinische Untersuchungen in Deutschland und Dr. Michael Ksoll und Rolf Kossbiel waren von Ihrem zweiwöchigen Arbeitsbesuch in Léogâne und Jérémie zurück.

Bericht von Franz Groll
Franz ist zuversichtlich, dass das Projekt Léogâne ein Erfolg wird. Nach den erwähnten anfänglichen Problemen ziehen jetzt alle Beteiligten an einem Strang. Franz Groll zeigte anhand eines Plans des Grundstücks, wie die Bebauung schrittweise ablief. Großer Wert wird auf erdbebebsicheres Bauen gelegt. Die Statik-Pläne dafür stammen von der Fa. Züblin. Die Gebäude sind alle so konstruiert, dass sie wie ein „Container“ mit viel Eisen zusammengehalten werden und auf dem Fundament „schwimmen“, das heißt, das Mauerwerk wird nicht mit fest mit dem Untergrund verankert.
Neu für Haiti sind Fertigdecken, die jetzt vom CCFPL produziert werden. Die erste Deckenplatte wurde im März 2011 für den Eigenbedarf gegossen. Für die zweistöckigen Gebäude wurden 172 Platten verarbeitet.
Für die bis jetzt aufgenommenen Ausbildungszweige sind Ausbilder mit der notwendigen Fachkenntnis eingestellt worden. Allerdings ist sowohl für sie als auch die staatliche Ausbildungs- und Prüfungsstelle INFP die duale Ausbildung in Theorie und Praxis neu. Daher ist das INFP häufig vor Ort um selbst zu lernen und auch die Ausbilder permanent weiter zu bilden. Das INFP unterstützt aktiv diese neue Ausbildungspraxis.
Aber auch die Azubis sind sehr an dieser dualen Ausführung interessiert, denn es gibt für die Arbeit auf der Baustelle Geld und damit kann von jedem das Schulgeld aufgebracht werden. Somit können auch Kinder aus ärmeren Familien zu einer Ausbildung kommen.

Der Status und damit die Zuständigkeit und Aufgabe von Franz Groll ändert sich per 01.April.
Er wird ab diesem Zeitpunkt offiziell ausschließlich als Berater tätig sein. Die Verantwortung für Planung und Realisierung der Projektziele gehen dann voll auf die Leitung des CCFPL und den Eigentümer der Einrichtung, die Erzdiözese von Port-au-Prince über.
Franz Groll wird bis Ende Juni im CCFPL sein und für die ordnungsgemäße Installation der noch ausstehenden Werkstätten sorgen und die Leitung des CCFPL unterstützen. Für die Zeit danach wird ein Nachfolger gesucht. Ein Interessent hat sich bereits gemeldet, muss aber noch von Caritas, bzgl. der Finanzierung und vom Aufsichtsrat bzgl. Eignung geprüft und ernannt werden.

Bericht Dr. Ksoll / Kossbiel
In der ersten Woche flogen Beide zusammen mit Franz Groll nach Jérémie, um den Status unseres früheren Projektes CENTRE TECHNIQUE SAINT JOSEPH (CTSJJ) vor Ort zu überprüfen. Bischof Décoste hatte das Centre nach dem plötzlichen Tod des damaligen Leiters wegen fehlender Kompetenz der verbliebenen Ausbilder und deren Uneinigkeit geschlossen. Der danach von ihm Beauftragte Père Sevigny ist offensichtlich bisher nicht in der Lage die Voraussetzungen für eine geplante Wiedereröffnung zum September diesen Jahres zu realisieren. In einem sehr deutlichen Gespräch mit dem Bischof und Père Sévigny wurde deutlich gemacht, dass Pro Haiti zwingend die Einbindung der Institution „Foi et Joi“, einer kompetenten haitianischen Organisation, fordert. Franz Groll, Dr. Ksoll und Rolf Kossbiel hatten vorab schon Gelegenheit, das mit dem Leiter von Froi et Joi Père Gabriel in Port-au-Prince abzustimmen. Die Ernennung eines fachlich kompetenten Leiters ist Grundvoraussetzung. Ohne eine detaillierte Planung der schrittweisen Wiedereröffnung der Ausbildungsgänge kann von Pro Haiti keine Unterstützung zugesagt werden.

Während des Aufenthaltes von Dr. Ksoll und Kossbiel waren verabredungsgemäß auch die Verantwortlichen der Caritas-international aus Freiburg in Haiti, Frau Hitzemann und Herr Kaiser. In einem gemeinsamen, sehr offenen Gespräch mit Erzbischof Poulard von Port-au-Prince konnten alle noch offenen Punkte angesprochen und geklärt werden. Ein wesentlicher Punkt dabei war die Einrichtung eines „Aufsichtsrates“ für das CCFPL. Ein Kontrollgremium, das in Haiti und insbesondere bei kirchlichen Einrichtungen bisher völlig fremd ist. Mitglieder dieser Institution werden Caritas, Pro Haiti, die Erzdiözese und ein Vertreter der Kirchengemeinde in Léogâne sein. Ein weiterer Punkt war, dass der Leiter des CCFPL. Père Fitho Randel noch verschieden andere Jobs hat und daher nur begrenzt vor Ort ist, zuwenig um die Leitung optimal wahrzunehmen. Der ebenfalls anwesende Père Fitho als auch der Erzbischof haben eine Klärung der Situation bis September diesen Jahres versprochen.

Ein weiteres Ziel des Haiti-Besuches war die Erfassung und Dokumentation einer Inventarliste und Etablierung einer regelmäßigen Inventur. Ein weiterer Punkt war die Einrichtung einer Doppelten Buchführung mit allen Konten und Kostenstelle, die eine komplette Finanzübersicht gewährleistet, und die Basis für eine effiziente Kostenkalkulation ist.

 

Wie Sie sehen, läuft das Projekt CCFPL planmäßig. Wir alle sind wie Franz Groll zuversichtlich, dass es ein Erfolg wird. Deshalb bitten wir Sie weiterhin um Ihre Unterstützung. Es sind noch viele Dinge zu beschaffen, die von Pro Haiti zu finanzieren sind.

 

Ihr Pro-Haiti-Vorstand

Besuch bei Erzbischof Poular

Besichtigung SchreinerwerkstattCCFPL-Azubis und Personal

CCFPL-Azubis und Personal

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