Von Bernd Ebener, Greifswald
Zum fünften Mal (mit der Woche 2010 inzwischen zum 6. Mal) in Folge trafen sich in der Vorkarwoche Menschen vom „Ruhrpott“ bis Dresden, aus Bremen, Rostock, Hannover, Wolfsburg, Eisenach und etlichen anderen Orten im märkischen Kloster Lehnin, um singend, betend, und fastend dem Erinnerungsweg Christi ans Kreuz zu folgen. Danach zu schauen, was wichtig ist im Leben und was unwichtig, was unverzichtbar ist und was Ballast, loszulassen, neu zu ordnen, Impulse mitzunehmen für den Alltag. An einem Kraft spendenden Ort unter Gottes Wort, so wie es schon Zisterziensermönche um 1180 taten, als sie dort anfingen eine Klosterkirche zu bauen, zu arbeiten und zu beten, ihr Leben zu orientieren auf Wesentliches. Seit 5 Jahren nun für eine Woche im Jahr klingt es dort wieder so, wie einst von den Mönchen eingeführt. Die klassischen, benediktinischen Stundengebete Matutin, Laudes, Sext, Vesper und Complet im Gewandt des so genannten „Gregorianischen Chorals“, einer Symbiose aus biblischen Texten, Gebeten, einstimmigen, unbegleiteten Melodien und Klängen auf der Basis eines durchstrukturierten Tagesablaufes, der alles beinhaltet, was zum Leben wichtig ist und Unwichtiges weglässt. Ora et labora. Eben nicht nur Musik einer begrenzten Zeitepoche, eines bestimmten künstlerischen „Stils“, so wie „Gregorianik“ heute weithin verstanden wird, sondern ein umfassendes Lebenskonzept.
Die Woche hat eine Tradition aufgenommen, die es in Lehnin schon einmal in den sechziger und siebziger Jahren gab. Seinerzeit trafen sich dort vor allem jüngere Berliner Christinnen und Christen unter Leitung von Eva Pohle und Reinhard Winkelmann. Sie leisteten Erd-, Aufräum-, Feld- und Gartenarbeiten, schufen Voraussetzungen zum Bau des Schwesternhauses, leisteten Dienste im Krankenhaus und Altersheim. Sie sangen einige Stundengebete und beschäftigten sich abends mit thematischen Fragen und dem Einüben gregorianischer Musik.
Die Zeiten haben sich gändert, die Teilnehmerstruktur ebenfalls. Aus den damaligen „Ora et labora – Rüstwochen“ sind ab 1978 die „Gregorianischen Wochen“ erwachsen. Zunächst auch in Lehnin, ab 1980 dann hauptsächlich in Gernrode, Jerichow und Weimar. Inzwischen wirken sie mit den Wochen „Gregorianik, Fasten & Körperarbeit“ wieder auf Lehnin zurück.
Seit 5 Jahren ist das Pater-Engler-Haus für diese Konvente ein geeignetes, liebevoll gepflegtes Quartier sowie die Kapelle „Zur Heiligen Familie“ der Platz für das tägliche Frühgebet. Seit 5 Jahren ist die Klosterkirche „St. Marien“ der Platz für alle übrigen Stundengebete und die Konventsmesse. Seit 5 Jahren sind Ort und Klostergelände, die sie umgebenden Seen und Wälder eine Labsal für Leib und Seele. Und seit 5 Jahren gibt es Menschen, die diese Arbeit liebevoll unterstützen und begleiten: Hausvater Th. Grunwald, Pfr. R. Rupprecht, Sup. U. Teichmann und andere, die im Hintergrund wirken und den Boden bereiten. Stellvertretend: Altoberin Sr. Ruth Sommermeyer. Sie hat seit den sechziger Jahren diese Arbeit gefördert und begleitet, so wie sie es heute immer noch tut. Sozusagen als nachhaltiges menschliches und geistliches Kontinuum durch Wirren und Veränderungen mehr als 40 Jahre. Danke! Etlichen Auswärtigen ist Lehnin durch diese Wochen und die menschliche Präsenz von Sr. Ruth inzwischen sehr ans Herz gewachsen und sie wünschen sich noch viele Fortsetzungen! Und mancher wünscht sich heimlich noch ein bisschen mehr regionale Resonanz. Alle Stundengebete sind öffentlich, aber auch die Gesamtteilnahme ist für jede Frau und jeden Mann möglich. Es lohnt sich!
Greifswald im April 2009