Predigt
für die Konventsmesse „Gregorianik, Fasten und Körperarbeit“
am Samstag, den 4. April 2009, 9:30 Uhr, Klosterkirche Lehnin
von Altoberin Sr. Ruth Sommermeyer, Kloster Lehnin
Text: Markus 10, 35 – 40: Vom Herrschen und vom Dienen (»Die Söhne des Zebedäus«)
35 Da gingen zu ihm Jakobus und Johannes, die Söhne des Zebedäus, und sprachen: Meister, wir wollen, daß du für uns tust, um was wir dich bitten werden.
36 Er sprach zu ihnen: Was wollt ihr, daß ich für euch tue?
37 Sie sprachen zu ihm: Gib uns, daß wir sitzen einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken in deiner Herrlichkeit.
38 Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr wißt nicht, was ihr bittet. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder euch taufen lassen mit der Taufe, mit der ich getauft werde?
39 Sie sprachen zu ihm: Ja, das können wir. Jesus aber sprach zu ihnen: Ihr werdet zwar den Kelch trinken, den ich trinke, und getauft werden mit der Taufe, mit der ich getauft werde;
40 zu sitzen aber zu meiner Rechten oder zu meiner Linken, das steht mir nicht zu, euch zu geben, sondern das wird denen zuteil, für die es bestimmt ist.
Zwei Jünger, die in ihrer Nachfolge sehr eng, ja, in einer tiefen Freundschaft zu Jesus gelebt haben, Jakobus und Johannes. Der Evangelist Markus nennt sie mit Namen. Wie peinlich für treue Jünger, an eine so ehrgeizige Bitte überhaupt einen Gedanken zu verschwenden, geschweige ihn auch noch auszusprechen. Und das in einem Augenblick, in dem Jesus ihnen gerade gesagt hat, was auf ihn in Jerusalem wartet. Der Zeitpunkt ist ganz schön makaber, weil diesem Gespräch eine detaillierte Leidensankündigung vorangegangen ist. Der Evangelist Matthäus umgeht diese Peinlichkeit. Er lässt die Mutter der beiden jungen Männer die Bitte aussprechen. Mütter dürfen vielleicht ehrgeizige Gedanken für ihre Kinder haben. Markus aber liegt daran, daß wir die Jünger Jesu in ihrer Menschlichkeit mit all ihren Mängeln kennenlernen. Also Jünger – aber keine Heiligen! Jesus hat sich auf den Weg gemacht, die Welt mit ganz gewöhnlichen Menschen, wie du und ich es sind, zu verändern. – Und es gelang ihm. –
Jakobus und Johannes stammen aus gutbürgerlichem Haus. Ihr Vater Zebedäus hatte für den Fischereibetrieb Tagelöhner. Das ermöglichte vielleicht den Söhnen, auf der Stelle mit Jesus mitzugehen. Die Mutter Salome mag eine Chance für ihre Jungen darin entdeckt haben, an der Seite eines Wanderpredigers zu sein. Ihre gesellschaftlichen Voraussetzungen berechtigten sie in der Politik dieser Welt erste Plätze einzunehmen. Die beiden jungen Männer haben sich ein Bild von dem, mit dem sie begeistert mitgehen, gemacht. Aber es ist ein falsches Bild. Für sie ist Jesus der Messias, der Israel mit der Besatzungsmacht erlösen und auf eigene politische Füße stellen wird. Dieses Wunschbild sitzt so tief, daß sie für die Leidensankündigung überhaupt kein Ohr haben. An diese4r Stzelle ist es gut den Blick auf uns selbst zu richten. Wie stark hat unser Elternhaus unseren Weg in den Beruf oder unseren Weg zum Glauben beeinflusst? Berührt unser Ehrgeiz auch unseren Glauben? Wann haben wir etwas von Jesus erfahren oder liegt eine Begegnung mit ihm noch vor uns?n Tragen wir ein Bild von ihm in uns, vielleicht ein falsches, vielleicht auch gar keines? – Jeus liebt uns, nicht als Heilige, sondern als Menschen des Alltags. Er traut es uns zu, daß wir die Welt an dem Platz, an dem wir sind, ein kleion wenig verändern können, so wie Er es will. –
Die Woche des Betens und Fastens war doch ein Schritt von uns, um in unserem Leben etwas zu verändern, unseren Glauben zu vertiefen und unsere Beziehung zu Gott in Jesus Cjhristus mit Leben zu füllen. In der nächsten Woche begehen die Christen die Karwoche. Dann werden sie die detaillierte Leidensgeschichte ihres Herrn in Liedern wiedergeben. Ich denke dabei an den Vers: „Du wirst gegeißelt und mit Dorn gekrönet, ins Angesicht geschlagen und verhöhnet. Du wirst mit Essig und mit Gall getränket, ans Kreuz gehenket.“ Einige von uns werden mitsingen. Aber könne wir noch hinhören, wenn Schreckensnachrichten detailliert von dem berichten, was Menschen dem Menschen antun.
Jesus gibt seinen Jüngern und uns Christenlehre-Unterricht und arbeitet dabei an dem Bild, daß die Menschen von ihm haben sollen. Könnt ihr den Kelch trinken, den ich trinke, oder euch mit der Taugfe taufen lassen, mit der ich getauft werde? Er benutz dabei zwie alte jüdische Metaphern. Bei königlichen Gastmahlen war es Sitte, daß der König seinen Gästen den Kelch reichte. Der OPsalmbeter übernimmt dieses Bild, wenn er betet „Du schenkst mir voll ein.“ Gott reicht uns den Kelch und damit das Leben, aber auch das, was Er uns in diesem Leben zugemessen hat. Das kann der Anteil Leid sein, auf den ich in meinem Leben zurück blicke, von Gott zugemessen und mir zugetraut.
Der Kelch, der Jesus von Gott zugemessen wird, heißt Hinrichtung und doch auch Leben – Ostern. Strafe und Tod an unserer Stelle.
Das Bild von der Taufe hat im alten jüdischen Glauben mit dem „Eingetaucht sein in das Unerträgliche“ zu tun. „Alle deine Wasserwogen und Wellen gehen über mich“ heißt es in Psalm 124,4. Könnt ihr ertragen,was ich ertrage und annehmen, was Gott mir zugemessen hat? Wir können diese Frage unseres Meisters nicht beantworten. Auch Bonhoeffer nicht. Nur Jakobuis und Johannes sagen: „Ja, das können wir.“ Ein Zeichen, daß sie nichts verstanden haben. Wir Menschen würden am liebsten einfach nein sagen. Aber dann, wenn es von uns gefordertt wird, dieses, daß Jesus mit dem Wort aus dem Johannes-Evangelium Kap. 5,13 sagt: Niemand hat größere Liebe als die, daß er sein Leben lässt für seine Freunde? Dann gibt es das u. U.
Wissen Sie, ich möchte glauben, daß Gott das Maß des Leides bestimmt, daß ich erfahren werde und daß Er mir hilft, es durchzustehen. In diesen Tagen hörte ich eine wunderbare Geschichte von einer Mutter die sieben Kinder hatte. Eine Tochter der englischen Königin Viktoria. Das jüngste Kind bekam Diphterie. Diese Krankheit verlief im neunzehnten Jahrhundert in den meisten Fällen tödlich. Der Arzt hatte das kranke Kind isolieren lassen. Die Mutter sollte nicht zu ihm, damit sie sich nicht ansteckte. Das Kind aber weinte, „Mama, warum lässt du mich allein? Wo bist Du?“ Da brachte es die Mutrter nicht über das Herz, nicht zu dem kranken Kind zu gehen. Sie nahmes in die Arme, herzte und küsste es. Sie starben beide, Mutter und Kind wurden in einem Sarg begraben. – Jakobus und Johannes irren sich und machen sich ein falsches Bild von Jesus, aber sie glauben an seine Herrlichkeit. Jesus hat das Eingetaucht-werden in das Unertrüägliche angenommen, für uns, seine Freunde. Die Hinrichtung Jesu ist ein grausamer Akt, aber größer, als die Grausamkeit ist die Liebe Gottes. Jesus stirbt für uns, für seine Freunde.
„Gib uns, daß wir sitzen einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken IN DEINER Herrlichkeit. Auch wir dürfen wie die Jüngwer an Gottes Herrlochkeit glauben. Das darf unser Herz mit Hoffnung und Freude erfüllen. Die Herrlichkeit Gottes wird niemals verloren sein. Und sie darf auch uns nicht verloren gehen über allem Leid auf dieser Erde. Sie ist nicht das Ergebnis irgendwelcher Hallekluja-Gesänge, sondern das AStrahlen des Sieges Gottes über Karfreitag, der alles Leid der Erde einschließt und in das Oterfest einmündet. Der österlichen Hallelujas kann es nicht genug geben.
Die Herrlichkeit des Herrn bleibe ewiglich, der Herr freue sich seiner Werke! Ich will singen dem Herrn mein Leben lang. Ich will loben meinen Gott solange ich bin.“
Amen.