Léogâne-Haiti aktuell – Ausgabe 6

Die kleine „Zeitung“ mit Informationen über Haiti und unsere Arbeit in Léogâne,

von Marie-Josée und Franz Groll
Ausgabe 6 – 12.2.2012

Liebe Freundinnen, Freunde, Bekannte und Alle die sich für Haiti interessieren…

Soeben habe ich (Franz) noch einmal nachgelesen, was wir euch im letzten Haiti aktuell zu berichten hatten und stellte fest, dass in den zurückliegenden 11 Wochen doch wieder allerhand passiert ist.

Zuerst zum Projekt
Die im letzten Aktuell angekündigten Container sind noch alle im alten Jahr vom Zoll freigegeben worden, nur den Lkw und den Anhänger haben wir immer noch nicht. Die stehen nun seit fast 15 Monaten im Zoll.

Mit der Auslieferung der Container waren auch weitere Fortschritte beim Aufbau des Projektes möglich.
Endlich konnte das Dach vom Gebäude 3 errichtet werden, was auch sehr zügig von statten ging. Dabei haben wir zum ersten mal Lehrlinge auf der Baustelle eingesetzt. Das hat sehr gut geklappt und sogar der Direktor, der sich bis dahin gegen den Einsatz der Lehrlinge in der Produktion und auf den Baustellen ausgesprochen hatte, fand allmählich Gefallen an dieser Ausbildungsmethode.
Es mussten zuerst 32 Nagelbinder hergestellt werden. Da diese Technik im Holzbau in Haiti kaum bekannt ist, (Fachwerkträger aus Stahl gibt es), haben unsere Zimmerer und der Ausbilder auf unserer Baustelle solche Träger zum ersten mal gefertigt. Es war deshalb erforderlich, dass immer Michael oder ich mit dabei waren, weil sich sonst Fehler eingeschlichen hätten.

Die Lehrlinge waren in den ersten 2 Tagen etwas zurückhaltend, hatten dann aber viel Freude bei der Arbeit, so dass fast alle auch in den Weihnachtsferien kamen und das Dach noch im alten Jahr fast ganz fertig wurde. Es fehlten nur noch 3 Entlüftungshauben.

Anfang Dezember begannen wir dann auch mit dem letzten Bauprojekt, dem Bürogebäude, in dem auch 5 Wohnräume, 2 davon mit Duschbad, für die Übernachtung von externen Ausbildern und Lehrlingen, eine Küche und ein Speiseraum untergebracht sind.

Das Aufstellen des „Schnurgerüsts“ (in Haiti ist es ein Lattengerüst) wurde gemeinsam gemacht; die Lehrlinge lernten dabei auch die Benutzung des Nivelliergeräts.
Nach dem Ausheben der Fundamentgräben durch Hilfskräfte, lernten die Lehrlinge das Mauern von Fundamenten aus Natursteinen. Es arbeiteten immer 2 Lehrlinge mit einem Maurer zusammen. Dann folgte das Betonieren der armierten Streifenfundamente und der Bodenplatte. Da waren alle 16 Maurerlehrlinge voll engagiert, beim Mischen des Betons, beim Transport und beim Einbringen des Betons. Danach folgte das Errichten von Mauern mit Hohlblocks, auch da betreute wieder ein Maurer 2 Lehrlinge, ebenso beim Auftragen des Zementverputzes. Fast alle Maurer-Lehrlinge kamen auch während der Weihnachtsferien und waren am Ende richtig stolz auf das was sie jetzt schon können. Auch die Maurer waren zufrieden, weil sie die Dankbarkeit der Lehrlinge spürten und mir hat es auch sehr viel Spaß gemacht. Es war auch eine Bestätigung, dass das vorgeschlagene Ausbildungskonzept richtig ist und von den Lehrlingen nicht nur angenommen, sondern gewünscht wird.
Dazu noch eine nette Geschichte:
Am 27.1. war kein Unterricht, da wollten 8 Zimmerer-Lehrlinge auf der Baustelle bei den Schalarbeiten mitarbeiten. Zusätzlich waren etwa 10 Maurerlehrlinge auf der Baustelle. Das waren einfach zu viele Leute. Ich habe deshalb vorgeschlagen, dass jeden Tag 4 andere Zimmerer arbeiten. Am 2. Tag gingen die 8 Lehrlinge zum Vorarbeiter Bergmann mit der Bitte, dass sie alle 8 arbeiten dürfen, auch ohne Bezahlung!!!, sie wollen unbedingt lernen wie man Schalungen macht. Bergmann kam zu mir, um zu fragen ob ich einverstanden bin. Ich fragte ihn, ob er damit ein Problem hätte, was er verneinte. Bei so viel Engagement konnte ich nur ja sagen und alle 8 Zimmerer-Lehrlinge bekamen die 40 Gourdes pro Stunde, die sie für die Arbeit außerhalb der Schulzeit bekommen, das sind etwa 0,80 €.

Als die Lehrlinge sahen, dass das Projekt bald fertig ist, fragten sie, wann wir die nächste Baustelle beginnen können.
In der Tat ist der Rohbau des Bürogebäudes bald fertig. In der letzten Woche haben wir mit dem Dach begonnen und im Erdgeschoß ist z.T. schon der Feinputz aufgetragen. Bis zum nächsten Haiti aktuell werde ich die Fertigstellung berichten können.

Vom 25. bis 27.1. fand der Workshop statt, bei dem die zukünftige Ausbildungsform und die zukünftige Organisation des CCFPL erarbeitet wurden. Bei diesem Workshop waren auch 2 Mitarbeiter des Bildungsministeriums mit dabei.
Nach so viel positiven Erfahrungen war es eine logische Folge, dass bei diesem Workshop gemeinsam festgestellt wurde, dass die praxisorientierte Ausbildung besser ist, als die bisher in Haiti übliche mehr schulische Berufsausbildung, und dass Produktion und Ausbildung miteinander verknüpft werden müssen. Die von Anfang an vorgesehene Konzeption wurde dadurch bestätigt !

Aufgrund der Ergebnisse des Workshops wird als erster Schritt ab Montag 13.2. die Arbeitszeit für Lehrer und Lehrlinge auf 16:00 verlängert, bisher war schon um 14:00 Uhr Schluss.

Große Fortschritte gibt es auch in Michaels Schreinerei. Nachdem Anfang Dezember die Schreinerei-Maschinen aus Italien entladen werden konnten, hat sie Michael noch vor seinem Weihnachtsurlaub aufgestellt und die für den Transport demontierten Teile zusammengebaut, was gar nicht einfach war, denn die mitgelieferten Beschreibungen waren völlig ungenügend und z.T. fehlten sie ganz!
Bei der Inbetriebnahme gab es dann in (bis jetzt) 2 Fällen unangenehme Überraschungen – zuerst bei der Kreissäge – ihr Motor wollte nicht anlaufen. Da aber keine elektrischen Schaltpläne mitgeliefert wurden, kamen wir zuerst nicht weiter. Erst mit den nachgelieferten Schaltplänen konnten wir den Fehler finden und beheben, es war nur ein Sicherheitsschalter, der nicht richtig eingestellt war.

Dagegen macht uns – und der Lieferfirma- die Dickenhobelmaschine sehr große Probleme, da sind wir seit 14 Tagen in einem täglichen Mail-Austausch (in Englisch). Bis jetzt konnte ein Problem behoben werden, aber die nicht funktionierende Dickeneinstellung ist weiterhin ungelöst. Vermutlich funktioniert ein elektronisches Bauteil nicht, die Lieferfirma scheint etwas ratlos zu sein.
Außer der Dickenhobelmaschine müssen noch 3 Maschinen in Betrieb genommen werden, 4 sind schon im Einsatz.
Trotz dieser Probleme hat Michael mit einer Hilfskraft und einigen Lehrlingen für das CCFPL 23 Tische verschiedenster Grösse und Güte gebaut, diverse Vorrichtungen und Aufhängungen für Maschinenzubehör gefertigt und montiert, sowie eine größere Anzahl Hocker aus Stahl mit hölzernen Sitzflächen versehen und Transportwagen für die Türproduktion gebaut.

Weiterhin viel Freude macht uns die Solaranlage, die von Herrn Willi Ernst von der Biohausstiftung in Paderborn mit der finanziellen Unterstützung des Vereins „Paderborn – eine Region hilft“ und einigen Firmen der Branche zur Verfügung gestellt wurde. Immer umweltfreundlichen Strom zu haben ist einfach wunderbar !
Dieses Projekt wird auch dazu dienen, dass das CCFPL ein Kompetenzzentrum für den Verkauf, die Installation und Wartung von Solaranlagen wird. Mit Herrn Willi Ernst haben wir dankenswerter weise einen sehr kompetenten und ausgesprochen aktiven Partner. Für die Elektroausbildung ist das eine große Chance.

Eine personelle Veränderung gab es zum Jahresende, der Vertrag mit dem technischen Direktor wurde vom Arbeitgeber, der Erzdiözese, nicht verlängert. Das führte für mich wieder zu einer höheren Belastung, da ich die gesamte Bauleitung wieder alleine machen musste. Letzte Woche haben wir mit 3 Bewerbern ein Einstellungsgespräch geführt. Wir waren in einer guten Situation, denn alle 3 waren gute Kandidaten. Einem Bauingenieur, der schon mit unserem Vorarbeiter Bergmann zusammengearbeitet hat, haben wir (Direktor Père Fitho, John Buchwalder von der Caritas, Michael und ich) den Vorzug gegeben. Er wird schon morgen seine Arbeit aufnehmen worauf ich mich freue. Ich habe ein gutes Gefühl und er genießt mein volles Vertrauen.

Bei der Anstellung eines Ausbilders für die Autowerkstatt stehen wir auch dicht vor einer Entscheidung. Ich habe ihn eingeladen mit mir Reparaturarbeiten am Schaufellader durchzuführen. Ein Problem konnten wir zwar nicht lösen, dennoch glaube ich, dass wir ihn anstellen können, er handelt überlegt und ist kein „Großschwätzer“.

Beim ersten Projekt für Kunden stehen wir auch dicht vor der Entscheidung. Ich gehe davon aus, dass die Sekundarschule für die Schwestern vom Orden „Compagnes de Jésus“ ebenfalls von der Caritas finanziert wird. Wenn das so kommt, dann können wir vielleicht unmittelbar nach unserem Urlaub, also Ende März, mit dem 2-geschoßigen und 31 m langen Gebäude beginnen können.

Am 16.2. bekommen wir zum ersten Mal Besuch von Pro Haiti, Rolf Kossbiel und Michael Ksoll kommen, darauf freuen wir uns sehr. Rolf wird viel mit unserem Comptable Jimmy zu besprechen haben, um mit ihm die nächste Stufe der Buchführung, der Gewinn- und Verlustrechnung, abzustimmen.
Gemeinsam fliegen wir nach Jérémie, um dort mit Bischof Décoste die weiteren Schritte für die Wiederinbetriebnahme des CTSJ zu besprechen. Möglicherweise können wir dort schon bald mit der Produktion der Boote wieder beginnen. Letzten Sonntag hatte ich Besuch von einem Interessenten, der mit Fischern Geschäfte macht und gerne diese Boote verkaufen möchte. Wenn sie im CTSJ nicht hergestellt werden können, möchte er sie selbst bauen. Diese Chance sollten wir uns nicht entgehen lassen.

Privat gibt es nicht viel Neues zu berichten. Wie schon angekündigt werden wir (Marie-Josée und Franz) am 29.2. für etwa 2 Wochen in die Heimat kommen und wenn alles wunschgemäß verläuft, kommen wir dann noch einmal für gut 3 Monate nach Léogâne.

Mit sonnigen Grüßen aus dem in dieser Jahreszeit angenehm warmen Haiti
und großem Dank an EUCH ALLE, für eure treue und sehr hilfreiche Unterstützung ! ! !

Marie-Josée, Michael und Franz

Die Schreinerei am 13.12.2011

Das CCFPL am 12.2.2012

 

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